Eine Bitte an die Eltern unserer Pfadfinder: Soweit irgend möglich, lassen Sie Ihre Kinder bitte zu Fuß, mit dem Fahrrad, dem City-Roller oder Skate-Board zu Gruppenstunde kommen – und fahren Sie die Kinder nicht mit dem Auto.
Warum?
Die Pfadfinder sind eine Outdoor-Freizeitveranstaltung. Auch wenn wir gerade im Winter Teile des Sippenprogramms im Gemeindehaus oder dem Jugendraum veranstalten, so sind wir doch praktisch immer auch für Programmteile draußen, bei jedem Wetter. Das ist keine Natur-Romantik, sondern ganz wesentlicher Teil des Pfadfinder-Konzepts. Man kann bei jedem Wetter auch (und gerade) außerhalb seines Kinderzimmers Spaß und Erlebnisse haben. In Anlehnung an ein altes Wort der Wanderer sagen auch wir: Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur schlechte (bzw. untaugliche) Kleidung. Ob die Sonne vom Himmel brutzelt, es regnet, stürmt oder schneit – wir wollen die Jahreszeiten und „Wetterlagen“ erleben – und uns nicht vor ihnen im Haus verstecken. Und so komisch ist diese Auffassung ja nicht: auch die Fußballer gehen bei praktisch jedem Wetter – außer Gewitter, da wäre es töricht – raus auf den Platz.
Sie können uns dabei enorm helfen, wenn Sie nicht vermitteln, dass es gutes und schlechtes Wetter gibt, eben Wetter, bei dem man zur Gruppenstunde laufen kann und Wetter, bei dem man mit dem Auto gefahren werden muss.
Die älteren Sippen gehen auf Hajk, also auf mehrtägige Wanderungen, und alles, was sie dazu brauchen, tragen sie selbst mit sich (u.a. das Pfadfinderzelt, die Kohte, aber auch das Essen und Trinken, das benötigte Werkzeug). Sich dann andererseits einige hundert Meter mit dem Auto fahren zu lassen, weil man nicht laufen möchte, passt da nicht zu.
Es ist schwierig zu vermitteln, dass jemand, der gerade wegen des angeblich schlechten Wetters mit dem Auto bis vor Gemeindehaus gefahren worden ist nun mit uns Pfadfindern wieder raus soll in das Sudelwetter. Schön wäre es, wenn alle Kinder begreifen könnten: ich möchte jetzt mit anderen Pfadfindern zwei schöne Stunden verbringen, da möchte ich hin, darum gehe ich da auch hin, egal wie das Wetter ist. Und mal ehrlich: welches Kind tobt nicht gerne im (warmen) Regen? Wer findet es nicht „cool“, draußen zu sein, während die meisten anderen sich in ihren Häusern verkriechen und glauben, bei dem Wetter würde man doch keinen Hund vor die Tür jagen?
Wir sind jedenfalls bei jedem Wetter „outdoor“ unterwegs, und wir sind Ihnen als Eltern sehr, sehr dankbar, wenn sie das unterstützen. Man muss das nicht bei der Bundeswehr unter Zwang lernen. Wir halten es für wichtig, dass es für Kinder normal ist, sich mit der Natur auseinanderzusetzen – und dafür gibt es ja heutzutage jede Menge Komfort.
Bleibt das Thema: Wie ist bei Dunkelheit?
Manche Eltern machen ihren Kindern regelrecht Angst vorm Dunkel. „Bevor es dunkel wird, bist du aber zu hause“ heißt es dann oder: „Wenn es schon dunkel ist, hole ich dich ab, dann gehst du mir nicht mehr allein nach Hause.“
Das sieht auf den ersten Blick logisch aus, fürsorglich. Doch es führt völlig in die Irre.
Natürlich geht von Dunkelheit eine Gefahr für Menschen aus: nämlich die, dass er nicht mehr viel sieht. Jede Katze würde sich kaputt lachen, könnte sie verstehen, wie nachtblind wir durch das Dunkel tappen. Von daher ist die angeborene Furcht vor der Dunkelheit berechtigt: der Mensch ist da nicht gerade in seinem Element, jeder Wolf ist ihm überlegen, jede kleine Unebenheit auf dem Weg kann ihn zu Fall bringen. Daher gehen wir als Pfadfinder auch entsprechend respektvoll durch das Dunkel, weil wir uns eben nicht verletzen wollen, weil wir nicht in der erstbesten Pfütze ausrutschen oder über die nächste Wurzel stolpern wollen.
Nur: Die Kinder haben vor ganz anderen Dingen Angst, und diese Angst wird im wesentlichen anerzogen. Die Kinder haben Angst vorm „bösen Mann“, davor, dass ihnen jemand etwas anhaben will.
Auch das ist natürlich berechtigt, denn leider ist unsere Welt nicht einfach nur gut, es gibt „böse Menschen“, es gibt Vergewaltiger, Kinderschänder und Sadisten. Nur: jede Kriminalstatistik belegt, dass die Gefahr von solchen Menschen nicht im Dunkeln am größten ist, sondern im Hellen. Sexualdelikte, und um die geht es ja bei der Elternsorge vor allem, ereignen sich zum größten Teil innerhalb der Familie oder deren Umfeld (Nachbarn, Bekannte, Sporttrainer etc.) – Schätzungen gehen davon aus, dass nur in 6 Prozent aller Fälle der Täter ein völlig Fremder ist.
Die Gefahr geht gerade nicht vom Dunkel aus, von der Nacht, vom Unbekannten. Viel wichiger, als Kinder vor der einbrechenden Nacht zu warnen und ihnen davor Angst zu machen ist es, sie selbstbewusst zu erziehen, ihnen klar zu machen, was sie sich nicht gefallen lassen dürfen. Dazu gibt es inzwischen zum Glück viele Projekte, die schon im Kindergarten anfangen.
Um es an einem Beispiel zu verdeutlichen: Wir bieten auf Nachtwanderungen immer an, dass die Kinder ein Stück des Weges alleine laufen, ohne Taschenlampe. Niemand wird dazu gezwungen, nur wer es ausprobieren möchte, kann es tun. Dabei gibt es bei uns niemals irgendeine Form von Erschrecken (wie es, wir wissen das, viele Jugendgruppen machen). Die Kinder bzw. Jugendlichen sollen erleben, dass natürlich überhaupt keine Gefahr droht, wenn man mal einige hundert Meter nachts auf einem Waldweg alleine läuft. Im Gegenteil, es ist wunderschön, man nimmt auch leise Geräusche der Natur wahr – und man ist selten irgendwo so sicher. Doch alle Kinder, die sich nicht trauen, auch nur ein kleines Stück alleine zu laufen, haben Angst – vor Menschen. Vor durchgeknallten Gestalten, die sie nur aus irgendwelchen Filmen oder Computerspielen kennen können, und vor den üblichen „Räubern und Verbrechern“, von denen sie gehört haben – und die es gibt, aber sicherlicht nicht im einsamen dunklen Wald, sondern zuhause, im Wohnort, nicht als solche erkennbar, weil man sie ja kennt und weil sie so „lieb“ sind.
Selbstverständlich ist es allein Ihre Entscheidung, ob Sie Ihr Kind nach der Pfadfinder-Sippenstunde im Winter, wenn es bereits dunkel ist, nach hause laufen lassen oder abholen. Wenn Sie es schrittweise versuchen wollen, dann begleiten Sie ihr Kind doch bitte auch zu Fuß. So, wie es später selbstständig von zu Hause zur Gruppenstunde und wieder zurück gehen wird (natürlich immer vorausgesetzt, Sie wohnen in Kirtorf). Vermitteln Sie, dass von dem Weg und der Dunkelheit (wobei wir ja in den Ortschaften kaum noch irgendwo echte Dunkelheit haben, da alles mit Straßenlaternen beleuchtet ist) keine Gefahr ausgeht, dass es aber Gefahren gibt, – die aber immer und vor allem am Tag bestehen.
Neben dem Gang zu Fuß bietet sich natürlich auch das Fahrrad an – das ist auch das richtige Fortbewegungsmittel für diejenigen, die im Nachbarort zur Gruppenstunde wohnen. Von Zell oder Angenrod nach Billertshausen, von Ober-Gleen oder Lehrbach nach Kirtorf – es sollte für Pfadfinder eine Selbstverständlichkeit sein, diese Strecken mit dem Fahrrad zu nehmen anstatt mit dem Eltern-Taxi.
Update April 2015: Inzwischen gibt es sogar eine eigene Kampagne: zu Fuß zur Schule.
Weitere Links zum Thema:
Schulweg-Safari (Kampagne der Stadt Frankfurt)
Sogar der ADAC warnt: Eltern-Taxi gefährdet die Kinder